UNENDLICHER SPASS VON DAVID FOSTER WALLACE – 24 STUNDEN DURCH DEN UTOPISCHEN WESTEN
in Deutsch und Englisch
Premiere am Samstag, 02. Juni

Weitere Vorstellungen:
Mittwoch, 06. Juni
Samstag, 09. Juni
Mittwoch, 13. Juni
Samstag, 16. Juni
Mittwoch, 20. Juni
Samstag, 23. Juni
Mittwoch, 27. Juni

Reservierung erforderlich!

Mit: Bianchi/Macras, Gob Squad, Peter Kastenmüller, Jan Klata, Chris Kondek, Anna-Sophie Mahler, Richard Maxwell, Mariano Pensotti, Philippe Quesne, She She Pop, Jeremy Wade, Anna Viebrock und er Videoanimation "My Best Thing" von Frances Stark

Startinfos:
Treffpunkt: S-Bahnhof Grunewald - Ausgang "Fontane-Str". - 9.30 Uhr
Beginn: LTTC „Rot-Weiß“ Berlin, Eingang Auerbacher Straße 19, pünktlich 10.00 Uhr
Dauer der Veranstaltung: 24 Stunden
Ende: HAU 2, Berlin-Kreuzberg, 10.00 Uhr am darauffolgenden Tag

Der Transfer zu den weiteren Aufführungsorten mit Bussen ist Teil der Aufführung.

Ein- und Ausstieg für 12-Stunden-Tickets: 21.30 Uhr, Institut für Mikrobiologie und Hygiene (Bushaltestelle Krahmerstr./Stockstr., Berlin-Steglitz)

Da Start- und Endpunkt nicht identisch sind, ist die Anfahrt mit Fahrrad oder PKW nicht zu empfehlen (Fahrradmitnahme ist ausgeschlossen!).

Tipps und Reiseinformationen:
Wetterfeste Kleidung und festes Schuhwerk sind empfehlenswert. Längere Fußwege sind Teil der Aufführung.
Getränke und Speisen können unterwegs an festgelegten Orten erworben werden.
Ein Carepacket mit Wachmachern ist inklusive.


Die 24-Stunden-Tour durch den utopischen Westen nimmt den Roman „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace zur Grundlage für unterschiedlichste Inszenierungen und Performances im Berliner Stadtraum. Für 24 Stunden wird das im Roman entworfene Boston der Zukunft wie eine Folie über Berlin gelegt. Denn „Unendlicher Spaß“ erfordert scheinbar unendliches Zuschauen! Eine völlig überfordernde Anstrengung wie das Lesen des 1500 Seiten langen und 1,5 Kilogramm schweren Romans selbst.
„Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace erschien 1996 in den USA und erst 2009 in der deutschen Übersetzung von Ulrich Blumenbach. Foster Wallace entwirft darin eine fiktionale Spaß- und Konsumgesellschaft, die er ungefähr heute ansiedelt. „Unendlicher Spaß“ heißt auch ein in der Handlung des Romans auftauchender Film. Jeder Betrachter dieses Films, so der Roman, wird sich nicht mehr von ihm lösen können, richtet sich in Endlosschleifen ein und nimmt keine anderen Bedürfnisse mehr wahr. Sein Anblick erzeugt geistigen Niedergang oder den Tod. Wallace nicht lineare Erzählweise eröffnet gleichzeitig eine Vielzahl an Themen, die sich in kaleidoskopischer Zerstreuung und Verdichtung zusammenfügen: Leistungsdenken und gleichzeitige Vereinsamung unter Jugendlichen einer Tennisakademie, Kriminalität, Drogensucht und Depression in einem Rehabilitationszentrum, Quebecer Separatisten im Kampf gegen ein neu gegründetes Staatenbündnis von Kanada, den USA und Mexiko, inmitten des Ganzen einzelne skurrile, dubiose Gestalten.
Im Spannungsfeld dieser Extreme eröffnet sich damit auch der gesellschaftliche Zündstoff und das Potential des Romans. Denn „Unendlicher Spaß“ ist ein Gesellschaftsroman, der das gleichermaßen komische wie erschreckende, in jedem Fall jedoch zeitgenössische Portrait einer von Ablenkungen, Leistungsträumen und Versagensneurosen geradezu rauschhaft verwundeten Zivilisation abbildet. Die literarische Formulierung dessen, was uns anknüpfend an gegenwärtige Diskurse zu Ermüdung und Überforderung ohnehin schon vertraut klingt. Schließlich sind die Steigerung der Leistungsfähigkeit und die damit verbundene Anpassung des Individuums auf der einen Seite, sowie Vereinzelung und Entfremdung, Erschöpfung und Burnout auf der anderen Seite, Themen, die wir aus zahlreichen Publikationen der letzten Jahre kennen.
Diese gesellschaftlichen Ermüdungserscheinungen, die Wallace in seiner Zukunftsvision von 1996 im Größenwahn unserer Gegenwart treffend herauf beschwört, stehen im Gegensatz zur Erfindung der Science Fiction Welt im Roman, die aus heutiger Perspektive als eine geradezu technisch antiquierte Fiktion erscheint. Die Nähe zu unserer gesellschaftlichen Realität, die Mischung von Utopie und vergangenem Zukunftsentwurf findet ihre Übertragbarkeit in der Architektur der sechziger und siebziger Jahre Berlins. Bemerkenswerte utopische Architekturen dieser Zeit sind in Berlin das Messezentrum ICC, der „Bierpinsel“ des Architektenpaares Ralf Schüler und Ursulina Witte, der Umlaufkanal des Instituts für Wasser- und Schiffahrtstechnik (Ludwig Leo), aber auch weniger bekannte Gebäude wie das Finanzamt Reinickendorf (Rainer G. Rümmler) und das dem Benjamin Franklin Klinikum angegliederte Institut für Hygiene und Mikrobiologie (Fehling&Gogel). An ihnen zeigt sich jene mittlerweile überlebte Utopie, die dem Roman entspricht und die im Stadtbild Berlins repräsentativ vorhanden ist, zusehends aber von Abriss und Vernachlässigung bedroht ist.
In genau der ironischen Wendung des Romans von Überforderung und unendlicher Überfülle werden zwölf KünstlerInnen und Companies, die mit ihren Arbeiten dem HAU über die letzten Jahre verbunden waren, an verschiedenen Orten zwölf Perspektiven für Berlin entwerfen und damit zwölf Visionen einer vergangenen Zukunft auf der Grundlage des Romans entwickeln. Zwischen 10.00 Uhr und 10.00 Uhr morgens am folgenden Tag verwandeln sie den Tennisclub LTTC „Rot-Weiß“ mit seinem großen Steffi-Graf-Stadion in die „Enfield Tennis Academy“, das Vivantes Klinikum Neukölln in das „Ennet House Drug and Alcohol Recovery House“, die Mensa des Fontane-Haus im Märkischen Viertel zum Sitzungsraum der Anonymen Alkoholiker, den Teufelsberg und den Umlaufkanal zu geheimen Treffpunkten Quebecer Separatisten.

Die Tour:

LTTC „Rot Weiß“
Mariano Pensotti
Peter Kastenmüller
Gob Squad

TEUFELSBERG
Richard Maxwell

VIVANTES KLINIKUM NEUKÖLLN
Anna Viebrock
Bianchi/Macras
Chris Kondek

CAMPUS BENJAMIN FRANKLIN, Institut für Mikrobiologie und Hygiene
Philippe Quesne

FERNSEHZENTRUM DES RBB / HAUS DES RUNDFUNKS
Anna-Sophie Mahler

UMLAUFKANAL
Richard Maxwell

FONTANE-HAUS REINICKENDORF
She She Pop
Anna-Sophie Mahler
Jeremy Wade

FINANZAMT REINICKENDORF
Jan Klata


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