Von Krahl Theatre Tallin (Estland)
The Grail - von Peeter Jalakas

15., 16., 17.06.
20.00



in estnischer Sprache mit deutscher Übertitelung

Dauer 170 min
inkl. einer Pause
Einheitspreis 35 DM



Diskussion
16.06. 18.00
FACE TO FACE (*)
mit Peeter Jalakas u.a.
Gesprächsleitung:
Thomas Irmer



Text MATI UNT.
Regie PEETER JALAKAS.
Musik TIIT KIKAS.
Kamera URMAS SEPP.
Animation und Computer-Graphik JÜRI SHESTAKOV. Bühne LIINA KEEVALLIK.
Licht KALLE TIKAS.
Kostüme REET ULFSAK.
Mit dem VON KRAHL THEATER - ENSEMBLE.
Film mit dem NYYD ENSEMBLE



(*) FACE TO FACE mit Künstlern aus Ost-und Mitteleuropa: eine Veranstaltungsreihe des Hebbel-Theaters und des Künstlerhaus Bethanien.

> In der Folge der Begegnungen mit Theatern aus Ost- und Mitteleuropa ist im Juni das "Von Krahl Theatre" aus Tallinn (Estland) zu Gast. Der Regisseur Peeter Jalakas, bekannt für einen innovativen Umgang mit Film und Video und vor allem beim jungen Publikum erfolgreich, setzt sich in diesem selbst entwickelten Stück anhand der Artussage mit der Geschichte und Gegenwart seines Landes auseinander. Glaube, Liebe, Hoffnung sind die zentralen Motive. Auf die eine oder andere Weise findet jede Figur ihren Gral, nur ist es nicht der ursprünglich gesuchte. Die im Stück thematisierte Transformation der heiligen Ideale in die Realität irdischer Gegebenheiten wird mittels dreier Leinwände und Projektoren visualisiert. Die technisch aufwendige Zwei-Welten-Konstellation, die sich um die Tafelrunde dreht erhält dadurch zwei Raumdimensionen, von denen die eine jeweils als Erweiterung der anderen zu betrachten ist. Wo verläuft die Grenze zwischen Projektion und Bühne, und können wir sie bestimmen?

> This is a performance talking about faith, hope and love. In one way or another every character finds his Grail in the end, but the ones they find are not actually the ones they were looking for. The transformation of these heavenly ideals into the reality of earthern matter accomplishes in a constellation of 3 screens and 3 projectors.

KOPRODUKTION Hebbel -Theater, Berlin - La Filature, Mulhouse - THEOREM (Théâtres de l`Est et de l´Ouest Rencontres Européennes du Millénaire). Mit Unterstützung der Kulturstiftung Estlands und der Stadtverwaltung Tallinns und DAIMLER CHRYSLER.

Postmoderne nur ein Übergang - Eine Woche in Tallinn
„No entrance without ideas“ steht über dem Eingang zum kleinen Von Krahli Teater in der wunderschönen, schon weiträumig restaurierten Altstadt. Den Satz kann man sich auf der Zunge zergehen lassen, zumal der Ausgang keine solche Regelung vorzusehen scheint. Lässt man die Ideen am Ende hier zurück, oder sind sie die erwartete Qualifikation? Ein paar Gassen weiter hat die Truppe um Peeter Jalakas gerade ihre neueste Produktion aufgeführt. In einem angemieteten Saal begab man sich auf Gralssuche mit einer immens aufwendigen Verkopplung von Film, Musik und Theater, bei der die Ritter der Tafelrunde von der Vorderbühne immer wieder in die magische Welt dreier Videoscreens zu verschwinden schienen. Die Pointe der sich vor allem visuell ins schier Unendliche und auch Unverbindliche assoziierenden Welt von „Graal!“ ist, dass niemand mehr weiß?, worum es sich bei dieser Suche dreht - was der Gral sei. Die armen Ritter, die untereinander mit den Schlagworten verworrener Ideologien fechten, irren aus ihrem Kostümmittelalter auf unsere Gegenwart der Werbebilder zu, und da erkennt freilich erst recht keiner, was gehauen und gestochen ist. Der Autor Mati Unt, ein in Estland hoch geschätzter Regisseur und Dramatiker der so genannten postmodernen Ironie, hat sich zwar im wesentlichen auf die literarisch überlieferten und schon vielfach ausgedeuteten Gralslegenden um König Artus gestützt, doch für die Gesamtkunstwelt von Jalakas und seiner Szenografin Liina Keevallik hat man tatsächlich seine eigenen Ideen mitzubringen. Eine metaphorische Deutung dieser zwischen Zeiten, Stilen und Formaten bunt und auch abgründig bewegten Gralssuche fällt freilich nicht so schwer, wenn man sich vor Augen hält, mit welchem Tempo dieser gerade erst zehn Jahre alte Staat sich durch mehrere Ungleichzeitigkeiten beschleunigt hat. Dies gilt für den Regisseur Jalakas, der im Jahr der Unabhängigkeit in Finnland erstmal Autos gewaschen hat, um Geld zum Reisen zu haben, wie auch für einen Großteil des Publikums, zu dem die junge Kulturministerin Signe Kivi wie selbstverständlich zu gehören scheint. (...)
aus: Thomas Irmer, Theater der Zeit, April 2001